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Beitrag vom 20.09.2013
Bergitta Victor - On A Journey
Judith Wolff
Sommer vorbei und das Fernweh ruft? Das dritte Album der Künstlerin lässt uns reisen. Allerdings nicht nur in warme und sonnige Gefilde, sondern auch in nachdenkliche Stimmungen. Eine Mischung...
..., die Lust auf den Repeatknopf macht.
Bergitta Victors Vorgängerinnenalbum "So Happy" bot den HörerInnen genau das, was es versprach: Ein Lächeln, das auch unserer Redakteurin, sagte "Alles wird gut". Auf "On A Journey" lässt Victor ebenfalls keine Spur der Resignation aufkommen, selbst wenn sie in ihren Texten Unwegsamkeiten des Lebens anspricht.
Auf ihrem dritten Album werden erstmals eigene Kompositionen präsentiert, die sich durch ihre Leichtigkeit hervorheben. Das Gitarrespielen, so die Künstlerin, eröffnete ihr neue Möglichkeiten, selbständig Songs zu schaffen. Dabei war für sie die Hinwendung zum Afropop ein Katalysator: "Das ist der Stil, in dem es mir am meisten Spaß macht, mit den Vocals zu spielen." Diese Freude ist unverkennbar und zeichnet die Stücke aus. Nicht nur mit den Tracks, die Victor in ihrer Muttersprache performt - dem melodischen Seselwa, einem französischen Dialekt der Seychellen, der nur von rund 7.000 Menschen gesprochen wird. Auch die Songs, in denen sie auf das Englische zurückgreift, sind eingängig und abwechslungsreich. Victor findet insgesamt zu mehr Variationen ihrer Stimme, die in Tempowechseln weich, selbstbewusst, aber auch mit gefasster Melancholie erklingt.
Eine Ladung kreolischer Reggae-Folk-Pop
Ein Konzeptalbum scheint "On A Journey" dabei allerdings nicht zu sein. Musikalisch springt Victor von Afro-Rhythmen zu kreolischen Einflüssen, um dann wieder mit einer guten Portion Reggae oder folkigem Pop aufzufahren. Auch thematisch streckt sie sich in verschiedene Richtungen. Die Arbeit an der eigenen Person, das Ziel zu wachsen, Liebe geben zu können und dabei auch zu eigenen Entscheidungen zu stehen, kristallisiert sich aber wie in "I Don´t Mind" zum bestimmenden Thema heraus:
"Don´t mind people talking about me
Confused and kinda lost I was now in my life
But as I get older I´m having less doubt each day
See I´m focused on what´s here and now
So why keep pointing at me
coz my opinion does not fit your style
Won´t take your crap no more
Feeling free is what I´m aiming for
In my mind, my soul, my heart
I really don´t give a damn
You do what´s good for you and I for me"
Zugleich legt die Künstlerin auch einen Fokus auf ihre Wurzeln – nicht nur musikalisch und sprachlich, sondern auch inhaltlich: Der Auftaktsong des Albums "Protez Nou Langaz Kreol" ist eine Ode an das Seselwa - eine Aufforderung, es zu schätzen und zu pflegen. In "United" wiederum singt Bergitta Victor gemeinsam mit der schwedischen R&B-Sängerin Jaquee gegen inhaltsleere Phrasen von PolitikerInnen auf der ganzen Welt an. Der Song plädiert für eine verständliche, uns global einende Stimme angesichts großer gesellschaftlicher Probleme.
"Als Mensch und als Musikerin bin ich stetig auf Reisen und werde es immer sein, niemals verweile ich lange an einem Ort" Dieses Selbstverständnis der Künstlerin - die von den Seychellen aus über Tansania und die Schweiz nun in Hamburg ihr Zuhause gefunden hat – findet in der musikalischen und thematischen Wechselhaftigkeit ihre Form. Durch dieses Unverweilen hindurch fügt sich "On A Journey" zu einem harmonischen Ganzen zusammen, so dass das Motiv des innerlichen Reisens doch zu einem konzeptuell bindenden Element wird.
Eigene Kompositionen, der Gebrauch der Muttersprache und der Mix aus unterschiedlichen Stilen stehen der Künstlerin gut - Victor hat sich offensichtlich weiterentwickelt. Trotzdem kommt bei all der Leichtigkeit der Wunsch nach etwas mehr Mut zur Abweichung auf, den sich Victor sicherlich zutrauen kann. So ist es beispielsweise schade, dass die verschiedenen, von der Musikerin gewählten Stilrichtungen sich nicht stärker in einzelnen Tracks vermischen, sondern eher isoliert voneinander bleiben. Vor allem aber drängt sich das Bedürfnis nach mehr Reibung auf, die das von Victor besungene Leben ja unleugbar hat. "On A Journey" ist eingängig und abwechslungsreich, aber eine Prise mehr Abweichung von bekannten Klangmustern sowie ein wenig mehr Druck hinter der Gesangsperformance - hier stechen "United" und "I Don´t Mind" heraus - würden verhindern, dass das Album nach anfänglicher Ohrwurmkontamination nicht genug Tiefe besitzt, um einen dauerhaften Platz in der Musikbibliothek zu bekommen.
AVIVA-Tipp: Zum Träumen, Nachdenken und Fallenlassen. Auch wenn etwas mehr Karacho schön wäre, hebt "On A Journey" die Herbststimmung und lässt einen Hauch von Sommer mit heller Weltmusik, nachdenklicher Wärme und nicht zuletzt mit dem zauberhaften Seselwa durch den Raum ziehen.
Bergitta Victor
On A Journey
Label:Jazzhouse Records
VÖ: 20.09.2013
Weitere Infos unter:
www.bergittavictor.com
Höproben auf soundcloud.com
Bergitta Victor auf youtube.com
Weiterhören auf AVIVA-Berlin:
Bergitta Victor: "So Happy"